Klimaschutz im Verkehr: zeitnahe Trendwende notwendig

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Eine Trendwende im Verkehrsbereich ist notwendig, um die Klimaschutzziele zu erreichen.
Quelle: geogif / iStock

Das Umweltbundesamt hat untersuchen lassen, wie Klimaschutzmaßnahmen im Verkehr helfen, die Ziele nach dem Bundes-Klimaschutzgesetz (KSG) zu erreichen. Zwei Szenarien zeigen, dass der Verkehrssektor bis 2030 sein Emissionsbudget selbst mit ambitionierten Maßnahmen überschreitet. Langfristig können mit diesen Maßnahmen die Emissionen jedoch stark gesenkt und die Minderungsziele übererfüllt werden.

Der Abschlussbericht „Verkehrssektor auf Kurs bringen: Szenarien zur Treibhausgasneutralität bis 2045“ zeigt auf, dass die im Bundes-Klimaschutzgesetz (KSG) verankerten Ziele für den Verkehrssektor auch mit einer ambitionierten Klimaschutzpolitik – selbst bei sofortiger Umsetzung ausgewählter anspruchsvoller Klimaschutzmaßnahmen und -instrumente – bis zum Jahr 2030 voraussichtlich nicht mehr erreichbar sind. Bis zum Jahr 2030 wird jedoch in beiden untersuchten Szenarien eine Trendwende im Verkehrssektor eingeleitet, sodass die Jahresziele des KSG ab dem Ende der 2020er Jahre eingehalten und die bis zum Jahr 2030 zu viel ausgestoßenen Treibhausgasemissionen in den darauffolgenden Jahren zusätzlich eingespart werden können. Voraussetzung dafür ist in beiden Szenarien eine deutliche Beschleunigung bei der Elektrifizierung des Fahrzeugbestandes sowie beim Ausbau der Schiene und des öffentlichen Personennahverkehrs.

Wichtigster Ausgangspunkt für die Entwicklung der Szenarien war die Einhaltung der Ziele des KSG, also eine Reduktion der Treibhausgasemissionen des Verkehrssektors im Jahr 2030 auf 85 Millionen Tonnen CO2-Äquivalente, die Einhaltung des sektorspezifischen Emissionsbudgets (Summe der Zielwerte für die Jahre 2021-2030) und schließlich das Erreichen der Treibhausgasneutralität im Jahr 2045. Bei der Ausgestaltung der Maßnahmenbündel wurde zwischen einer sofortigen Umsetzung ab 2024 („Sofortiges Handeln Szenario“, SHS) und einer verzögerten Umsetzung ab 2026/2027 („Verzögertes Handeln Szenario“, VHS) unterschieden.

Als wichtigste Maßnahmen wurden in beiden Szenarien (in teilweise abweichenden Ausgestaltungen) angenommen:

  • die Reform der Kraftfahrzeugsteuer,
  • ein deutlicher Anstieg des CO2-Preises ab dem Jahr 2024 gegenüber dem aktuellen Brennstoffemissionshandelsgesetz,
  • der Abbau von Subventionen für Diesel und Dienstwagen sowie
  • die Ausweitung der Lkw-Maut (inkl. CO2-Abgabe).

Einige Maßnahmen wurden nur im „Sofortiges Handeln Szenario“ angedacht, so zum Beispiel die Einführung eines Tempolimits oder der Aufbau einer Oberleitungsinfrastruktur für Lkw.

Mit Blick auf die zu erwartenden sozialen und volkswirtschaftlichen Auswirkungen sind zwischen den beiden Klimaschutzszenarien nur geringfügige Unterschiede festzustellen.

Finanzielle Auswirkungen auf die Bevölkerung

Bis zum Jahr 2030 würden die Klimaschutzmaßnahmen in beiden betrachteten Szenarien zu finanziellen Mehrbelastungen für Teile der Bevölkerung führen. Die Belastungen wären im „Verzögertes Handeln Szenario“ für das Jahr 2030 aufgrund der verzögerten Einführung und der dadurch anspruchsvolleren Ausgestaltung der Klimaschutzmaßnahmen leicht höher als im „Sofortiges Handeln Szenario“. Betroffen wären insbesondere Haushalte mit geringem Einkommen und solche im ländlichen Raum. Diese Haushalte sollten durch staatliche Unterstützung gezielt entlastet werden. Die staatlichen Hilfen (zum Beispiel Förderprogramme oder Zuwendungen) sollten dabei so gewählt werden, dass sie gleichzeitig die Klimaschutzinstrumente stärken und eine Trendwende im Verkehrssektor begünstigen.

Wirtschaftliche Auswirkungen

Die Ergebnisse aus beiden Szenarien wurden dem „Mit-Maßnahmen-Szenario“ (MMS) aus dem Projektionsbericht 2023 gegenübergestellt. Dabei wurden folgende Unterschiede in Bezug auf die volkswirtschaftlichen Wirkungen deutlich:

Die größten Veränderungen zeigen sich für die Automobilwirtschaft und den öffentlichen Verkehr, hauptsächlich als direkte Folge der rascheren Elektrifizierung der Fahrzeugflotte. Diese Transformation sollte daher frühzeitig über Weiterbildungsangebote und Investitionshilfen von staatlicher Seite begleitet werden. Für weite Teile der deutschen Wirtschaft sind keine nennenswerten Unterschiede zwischen den Klimaschutzszenarien und dem MMS zu erwarten. Insgesamt wirken sich die eingesetzten Klimaschutzmaßnahmen (und hier insbesondere die Förderung des öffentlichen Verkehrs und der Umstieg auf Elektrofahrzeuge) sowohl im „Sofortiges Handeln Szenario“ als auch im „Verzögertes Handeln Szenario“ leicht positiv auf die Gesamtwirtschaft aus.

Die im „Sofortiges Handeln Szenario“ und „Verzögertes Handeln Szenario“ eingesetzten Klimaschutzmaßnahmen führen zu zusätzlichen Einnahmen des Staates. Sie sind jedoch nur für einen begrenzten Zeitraum während des Transformationsprozesses verfügbar (zum Beispiel durch Einnahmen aus dem CO2-Aufschlag beim Neufahrzeugkauf oder durch einen steigenden CO2-Preis entsprechend dem europäischen Emissionshandel EU-ETS 2). Bei der Gegenüberstellung der staatlichen Einnahmen und Ausgaben wird deutlich, dass in den untersuchten Szenarien im Jahr 2030 der Einnahmenüberschuss gegenüber dem MMS rund 5 Milliarden Euro höher ist. Im Jahr 2050 gibt es im MMS sogar ein Defizit, bei den Klimaschutzszenarien „Sofortiges Handeln Szenario“ und „Verzögertes Handeln Szenario“ hingegen weiterhin einen Überschuss.