Fund eines Weichmachers in Urinproben – Fragen & Antworten

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Urinprobe
Quelle: Jörg Beuge / Fotolia.com

Das Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz Nordrhein-Westfalen (LANUV) berichtete am 31.01.24 zum Fund von Mono-n-hexylphthalat in Urinproben von Kindern. Die Substanz wurde ebenfalls in Urinproben von Erwachsenen im Rahmen der sechsten Deutschen Umweltstudie zur Gesundheit (GerES VI) nachgewiesen. Das Umweltbundesamt (UBA) hat die häufigsten Fragen und Antworten dazu zusammengestellt.

FAQ vom 06.02.2024, zuletzt aktualisiert am 04.04.2024

1. Was sind Phthalate?

Stoffe aus der Gruppe der Phthalate werden als Weichmacher verwendet, um spröden Kunststoff, insbesondere PVC, die gewünschte Elastizität zu verleihen. Weitere Informationen zu Phthalaten haben das Umweltbundesamt das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) zusammengestellt.

2. Was ist Mono-n-hexylphthalat?

Mono-n-hexylphthalat kann als ein Abbauprodukt im Körper (als sogenannter Metabolit) aus verschiedenen Stoffen, z. B. aus Di-n-hexylphthalat, entstehen.  Derzeit ist nicht bekannt, welche Produkte oder Quellen für das aktuell beobachtete Auftreten dieser Substanz in den Urinproben verantwortlich sind. Auch ist nicht geklärt, auf welche der möglichen Ausgangsstoffe das Vorkommen von Mono-n-hexylphthalat im Urin zurückgeführt werden kann.

Di-n-hexylphthalat, das eine der möglichen Ausgangsverbindungen für den Metaboliten Mono-n-hexylphthalat darstellt, wurde 2013 als besonders besorgniserregender ⁠Stoffim Rahmen der REACH-Verordnung (REACH-VO) identifiziert, da es die Fortpflanzungsfähigkeit des Menschen gefährden kann. 2020 erfolgte dann die Aufnahme in den Anhang XIV der REACH-VO. Damit darf der Stoff in der EU seit 2023 ohne Zulassung grundsätzlich nicht mehr verwendet werden. Zulassungsanträge wurden für Di-n-hexylphthalat bislang nicht gestellt.

Da es für den Stoff keine Registrierung gemäß REACH-VO gibt, ist davon auszugehen, dass der Stoff wirtschaftlich in der EU keine große Rolle spielt bzw. in der Vergangenheit gespielt hat. Möglich sind Gehalte von Di-n-hexylphthalat als Verunreinigung in anderen Stoffen, z. B. durch eine Entstehung im Herstellungsprozess, Altlasten sowie Di-n-hexylphthalat-haltige Importerzeugnisse. Die SCIP-Datenbank bei der Europäischen Chemikalienagentur (ECHA) listet eine größere Anzahl von Erzeugnissen, für die Di-n-hexylphthalat als Bestandteil angegeben wird.

Neben Di-n-hexylphthalat sind auch andere Stoffe denkbar, aus denen Mono-n-hexylphthalat als Metabolit entstehen kann.

3. Wie groß ist das Ausmaß der Belastung?

Aktuell führt das Umweltbundesamt die sechste Deutsche Umweltstudie zur Gesundheit (GerES VI) durch. Deutschlandweit werden vorausgewählte Erwachsene zwischen 18 und 79 Jahren um ihre Teilnahme gebeten, um unter anderem auf ihre körperliche Belastung mit Umweltschadstoffen hin untersucht zu werden. Unter den im Rahmen dieses Human-Biomonitoring-(HBM)-Programms aktuell untersuchten Stoffen befindet sich auch das Mono-n-hexylphthalat.

Erste vorläufige Ergebnisse aus dieser Studie zeigen, dass in ca. einem Drittel von bislang 750 untersuchten Urinproben Mono-n-hexylphthalat nachweisbar ist. Die Probenahme und Befragung der Teilnehmenden läuft noch bis in den Spätsommer 2024. Endergebnisse der Studie werden im nächsten Jahr erwartet. Um das Ausmaß der Belastung nach Möglichkeit auch auf europäischer Ebene zu bestimmen, arbeitet das ⁠UBA⁠ eng mit EU-Behörden zusammen.

Der reine Nachweis von (Einzel-)Substanzen im Körper deutet nicht zwangsläufig auf ein gesundheitliches Risiko hin. Die Kommission Human-Biomonitoring (HBM-Kommission) hat einen toxikologischen Beurteilungswert (HBM-Wert) abgeleitet. Von den bisher ausgewerteten Proben aus GerES VI liegen alle unterhalb des neuen Beurteilungswerts. Trotzdem sollte eine Mehrfachbelastung durch ähnlich wirkende Substanzen bei der Bewertung der HBM-Messergebnisse berücksichtigt werden.

4. Wie wurde die Substanz entdeckt?

Die Analyse von Proben im Rahmen der sechsten Deutschen Umweltstudie zur Gesundheit (GerES VI) sowie des Humanteils der Umweltprobenbank des Bundes auf ihren Gehalt an Mono-n-hexylphthalat hin ist Teil des vom Umweltbundesamt konzipierten Untersuchungsprogramms.

Das Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz Nordrhein-Westfalen (LANUV) veranlasste im Herbst 2023 eine Untersuchung der Urinproben von Kindern, die es im Rahmen seiner regelmäßigen Human-Biomonitoring-(HBM)-Untersuchungen sammelt (Info).

Ergebnisse des LANUV zur Belastung von Kindern mit Mono-n-hexylphthalat wurden in einer Pressemitteilung veröffentlicht. Umweltbundesamt und LANUV stehen zu diesen Ergebnissen in Austausch.

5. Was unternimmt das Umweltbundesamt?

Das Umweltbundesamt führt seit den 1980er Jahren die Deutsche Umweltstudie zur Gesundheit (GerES) durch. Im Rahmen dieser Studien werden u. a. Urin- und Blutproben der Teilnehmenden auf verschiedene Umweltschadstoffe untersucht und Befragungen durchgeführt.

Mithilfe der Daten dieser Studien können Rückschlüsse auf die Belastung der gesamten Bevölkerung in der jeweils untersuchten Altersgruppe (Kinder, Erwachsene) in Deutschland gezogen werden.

Mit weiteren Messungen zur Belastung mit Mono-n-hexylphthalat im menschlichen Körper liefert das Umweltbundesamt zunächst eine wissenschaftsbasierte Grundlage für das Ausmaß der Belastung in Deutschland.

Zur Beurteilung der gefundenen Belastung mit Mono-n-hexylphthalat hat das UBA die Kommission Human-Biomonitoring um eine Bewertung gebeten. Die Kommission hat einen toxikologischen Beurteilungswert (HBM-Wert) abgeleitet.

Aktuell werden auch Proben der Umweltprobenbank des Bundes auf die Verbindung untersucht, um zu prüfen, seit wann diese Belastungen zu beobachten sind, und um einen möglichen Zeittrend zu identifizieren.

6. Wie gelangen chemische Stoffe in den Körper?

Chemische Stoffe aus der Umwelt können über verschiedene Wege in den Körper gelangen, so z. B. über die Nahrung, die Luft oder über die Haut.

Worauf der Gehalt an Mono-n-hexylphthalat im Urin zurückzuführen ist, ist bisher nicht bekannt. Korrelationsanalysen der Befunde mit den erhobenen Lebensgewohnheiten der Proband*innen können hier erste Hinweise geben, denen dann in Folgeuntersuchungen nachgegangen wird.

7. Was sind die nächsten Schritte?

Als nächstes wertet das Umweltbundesamt die Urinproben der Umweltprobenbank des Bundes aus. In Proben der Jahre bis 2020 konnte Mono-n-hexylphthalat nicht nachgewiesen werden. Daher soll nun analysiert werden, ob sich ein Zeittrend in den Proben ab 2020 abzeichnet.

Zusätzlich werden weitere Daten im Rahmen der sechsten Deutschen Umweltstudie zur Gesundheit (GerES VI) gesammelt. Hierfür ist es essentiell, dass Bürgerinnen und Bürger, die zur Teilnahme an der Studie eingeladen wurden, auch tatsächlich teilnehmen. Nur so können repräsentative Daten für die Belastung der erwachsenen Gesamtbevölkerung in Deutschland gewonnen werden.

Derzeit wird unter Beteiligung der zuständigen Stellen daran gearbeitet, Ausgangsstoffe und Quellen der Belastung zu finden.

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 Weichmacher  Phthalat  Human-Biomonitoring  GerES  Umweltprobenbank des Bundes